Feinräumige Analyse | Kleinstgemeinden

Kleinstgemeinden: Mini-Banken unter Druck

Vor ein paar Wochen, an einem schönen Samstag Anfang August, hat die bis dahin kleinste Bank Deutschlands ihre Selbständigkeit aufgegeben. Sie ist nun „nur“ eine Filiale des Nachbarinstituts in einem Bundesland, das aus vielen Kleinstgemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnen besteht.

 

Besonders vor dem Hintergrund von Location Intelligence-Fragestellungen sind die geografischen Gebietseinheiten der Gemeinden ein sehr heterogenes Raster. Das hat vor allem mit Gebietsreformen zu tun, die bislang nicht überall stattgefunden haben.

Klein, kleiner, am kleinsten

Die kleinste Bank Deutschlands war bis vor kurzem die Raiffeisenbank Struvenhütten, gegründet im Jahre 1905. Nach 117-jähriger Selbständigkeit ist die Mini-Bank (vier Beschäftigte, davon zwei als Vorstand, ca. 800 Kunden mit einer Bilanzsumme von knapp 21 Millionen Euro) seit Anfang August kein eigenständiges Kreditinstitut mehr, sondern nur noch eine Filiale der benachbarten und deutlich größeren Vereinigten VR Bank mit Sitz auf der Insel Föhr, wie das Handelsblatt berichtete (kostenpflichtiger Artikel).

Diese Fusion war durch den wachsenden Regulierungs- und Kostendruck sowie der Notwendigkeit zur Digitalisierung erforderlich, was insbesondere für kleine Banken einen enormen Aufwand bedeutet.

 

Struvenhütten selbst ist eine Kleinstgemeinde in Schleswig-Holstein mit zuletzt 983 Einwohnern (31.12.2021), in etwa zwischen Hamburg und Neumünster gelegen. Die Gemeinde selbst wirbt mit eher weichen Faktoren: „Die Dorfumgebung wird geprägt durch landwirtschaftlich genutzte Flächen und ein kleines Waldgebiet, sowie dem Lauf der Schmalfelder Au. Die zahlreichen Rad- und Wirtschaftswege laden zu ausgedehnten Spaziergängen oder Radtouren ein.“

 

Dass dieses kleine Bankinstitut in Schleswig-Holstein liegt, ist sicherlich kein Zufall. Das Bundesland im hohen Norden besteht vor allem aus vielen sehr kleinen Gemeinden: Mehr als 700 der rund 1.100 Gemeinden (also ca. 63%) haben weniger als 1.000 Einwohner. Als kleinste Gemeinde – auch bezogen auf gesamt Deutschland – gilt die Hallig Gröde südlich der Insel Föhr mit 11 Einwohnern, gefolgt von Wiedenborstel mit 12 Bewohnern (jeweils Stand 31.12.2020). Das mag sich mittlerweile schon wieder geändert haben. Die meisten Kleinstgemeinden liegen jedoch in einem anderen Bundesland.

Gemeinden: Heterogene geographische Analyseebene

In Deutschland gibt es aktuell knapp 11.000 Gemeinden. Wären alle gleich groß, hätte jede etwa 7.500 Einwohner (Bevölkerung bundesweit gesamt ca. 83 Mio.), also ein Sammlung von bestenfalls Kleinstädten. Neben den 4 Millionenstädten gibt es mehr als 4.000 Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnern, und diese sind sehr ungleich verteilt.

 

Absoluter und relativer Spitzenreiter ist Rheinland-Pfalz: Mehr als 1.600 Gemeinden (von insgesamt 2.300) sind dieser Kategorie zuzuordnen. An zweiter Stelle kommt dann Schleswig-Holstein. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen gibt es dagegen nur knapp 400 Gemeinden, die kleinste ist der Ort Dahlen mit immerhin 4.300 Bewohnern. Warum gibt es diese gewaltigen Unterschiede?

 

In vielen westlichen Bundesländern wurden vor allem in den 1960er und 1970er Jahren Gebietsreformen durchgeführt (auf Gemeinde- und Kreisebene) mit dem Ziel, leistungsfähigere und größere Gemeinden zu schaffen. Die Zusammenlegungen fanden oft unter starkem Widerstand der lokalen Bevölkerung statt.

 

So sank die Anzahl der Gemeinden in der alten Bundesrepublik in diesem Zeitraum von astronomischen 25.000 um 65% auf rund 8.500 Gemeinden; auch die Anzahl der Kreise wurde von 425 auf 235 reduziert. Beispiel Baden-Württemberg: Bei der Gebietsreform zwischen 1968 und 1975 wurden aus 3379 Gemeinden durch Zusammenschlüsse und Eingemeindungen 1.111 Gemeinden. Auch heute nach rund 50 Jahren hat sich an der Zahl nur wenig geändert (inhaltlich jedoch schon).

 

Die Ebene der Gemeinden besteht aus sehr unterschiedlichen Gebietseinheiten hinsichtlich Marktpotenzialen. Dies ist bei Location Intelligence-Fragestellungen zu berücksichtigen.

Topshops zwischen Wald und Wiesen

Zurück in den Norden: Unsere Karte (PDF) zeigt, wo sich die Kleinstgemeinden in Schleswig-Holstein befinden. In Summe belegen diese immerhin 46% der Landesfläche, davon natürlich viel Wald und Wiesen. Übrigens wurden die Gemeindegrenzen bewusst nicht deutlich hervorgehoben, da sonst das Kartenbild recht unruhig würde.


In der unteren Ausschnittkarte für die Umgebung von Struvenhütten sind zudem die Nexiga Topshops zu sehen. Die Points of Interest aus dem Segment Banken und Versicherungen sind gesondert dargestellt. Auch die Raiffeisenbank Struvenhütte sowie der Geldautomat stehen als Informationen zur Verfügung.


Die mittlerweile 520.000 Topshops – das sind Adressen von knapp 1.300 Filialisten sowie von anderen Frequenzbringern wie Ärztehäuser oder Versicherungsagenturen – sind für viele Fragestellungen eine wertvolle Datenbasis. So können zuverlässige Sales Hotspots bestimmt oder aussagekräftige Standort- und Wettbewerbsanalysen durchgeführt werden (Standorte Sparkassen Blog).


Bleibt noch die Frage, welches aktuelle die kleinste Bank im Lande ist? Ein Kandidat dürfte die Raiffeisenbank Gammesfeld sein, aus einem ebenfalls sehr kleinen Ort nördlich von Crailsheim (Hohenlohe). Rekordverdächtig dürfte sein, dass es nur eine Geschäftsstelle mit einem Mitarbeiter gibt. Doch die Bilanzsumme 2020 war stattlich: fast 37 Mio. Euro. Auch diese Bank findet sich in den Nexiga-Topshops.

NEXIGA Newsletter

Verpassen Sie keine Neuigkeiten mehr und melden Sie sich für den NEXIGA Newsletter an. Hier werden Sie regelmäßig über unsere Software und Lösungen informiert.

Aktuelles